Deutsches Fahrradmuseum Bad Brückenau
LEHRERMATERIAL

Vorbereitungsmaterialien für Lehrer


Die Laufmaschine

Die Geschichte des einspurigen Gefährts beginnt in Mannheim im Jahre 1817 mit der Erfindung der Laufmaschine. Der Erfinder und badische Staatsbeamte Karl Drais sorgt für eine Sensation, denn mit seiner Laufmaschine beweist er, dass er rund viermal schneller sein kann als eine Postkutsche.
Abb. 2: Laufmaschine


Aufgrund von katastrophalen Missernten von 1812 bis 1817 fehlt es an Getreide für die Ernährung von Menschen. Auch der Unterhalt von Pferden wird durch die Hungersnot belastet. Vermutlich experimentiert Drais aus diesem Grund bereits 1813/1814 an einem Fahrzeug, das ohne Pferde läuft. 1817 wird in Mannheim das erste Laufrad gebaut. Es ist eine Holzleichtbaukonstruktion mit der Reibscheitlenkung der Kutschen. Das Zweirad hat einen geringeren Reibwiderstand und im Gegensatz zu den mehrspurigen Fahrzeugen auch einen geringeren Fahrtwiderstand. Da der Körper des Fahrers vom Sitz getragen wird und dieser sich mit den Füßen
Abb. 3: Benutzung der Laufmaschine
     vom Boden abstößt, ist die Belastung viel geringer als beim Gehen.

Das Balancierbrett ist der Grund dafür, dass die Laufmaschine beim Fahren nicht umfällt. Es entlastet Arme und Oberkörper, damit die Hände frei zum Lenken sind.


Das Tretkurbelrad

Anfang der 1863er tauchen in Paris Zweiräder mit Tretkurbeln am Vorderrad auf, sie kommen groß in Mode. Die wichtigste Verbesserung am Tretkurbelrad ist die Tretkurbel. So muss der Fahrer sich nicht mehr vom Boden abstoßen. Der Wagenschmied Pierre Michaux bringt 1863 als erster die neuen Tretkurbelvelocipede auf den Markt. Die ersten Velocipede werden in mühsamer Handarbeit aus massivem Eisen geschmiedet und sind daher zunächst relativ schwer. Die neuen industriell gefertigten Velocipede haben einen einfachen geraden Rahmenrücken und wiegen 5 kg weniger als die handgeschmiedeten. Wegen der Bandeisenbereifung und der schlechten Straßenverhältnisse erhalten die Tretkurbelräder den englischen Spitznamen „Boneshaker“ (Knochenschüttler).
Abb. 4: Tretkurbelrad


1870 tauchen beim Rennsport in Frankreich erste Pedalhaken, Kautschuk- Vollgummireifen und Kugellager auf. Vergrößerte leichte Stahlspeichenräder deuten bereits die Entwicklung zum Hochrad an.


Das Hochrad

Die Erkenntnis, dass die Radgröße das Tempo bestimmt, führt zur Entwicklung von Hochrädern.
Neue Verbesserungen, wie leichtere, stabilere Stahlfelgen mit spannbaren Drahtspeichen machen es möglich, so große Räder zu bauen.
Das Hochrad wird zum Lieblingskind des jungen Bürgertums. Charakteristisch dafür ist, dass das Vorderrad größer ist. Das Hinterrad mutiert zum Stützrad. Der leichtere Rahmen, die kugelgelagerten Räder, sowie die Kautschukbereifung sorgen dafür, dass das Hochrad schnell, leichtlaufend ist und höhere Geschwindigkeiten, sowie größeren Fahrkomfort erreicht. Ein konstruktionsbedingter Nachteil des Hochrades sind die Haeder (Kopfstürze), da der Schwerpunkt über dem Vorderrad liegt.


Abb. 5: Haeder


Niederrad

Auch zahlreiche Detailverbesserungen führen die technische Weiterentwicklung des Hochrades in eine Sackgasse. So beginnt das Niederrad, auch Safety Bicycle genannt, sich durchzusetzen. Zwei etwa gleich große Räder, der Kettenantrieb und die direkte Lenkung machen die wesentlichen Grundlagen des Niederrades aus. Die Lenker- und Sattelposition und die Kettenübersetzung sind frei wählbar, und sind daher ein Vorteil des Niederrades. Man fällt nicht so leicht um, da der Boden mit den Füßen zu erreichen ist. Der Fahrer kann damit sogar steile Berge stehend erklimmen, was mit dem Hochrad kaum möglich war.
Die Kettenübersetzung machte es möglich, bei einer Pedalumdrehung genau so weit, oder noch weiter zu kommen, wie das hohe Rad.
Zu dieser Zeit wird auch viel an der Rahmenform experimentiert (z.B. Kreuzrahmen, offene und geschlossene Rahmen). Die Suche nach der idealen Form zieht sich noch bis in die 1890er Jahre. Nicht nur die Rahmenform, auch die Materialien, aus denen die Rahmen gefertigt werden, sind sehr interessant. In der Fahrradgeschichte tauchten Rahmen aus Holz, Kunststoff, Stahl, Bambus, Gusseisen, Carbon und Aluminium, auf.




Luftreifen

Eine ganz neue Dimension des Radfahrens schafft der Pneumatic mit seinem Fahrkomfort. Im Jahre 1888 erfindet der in Schottland geborene und in Irland praktizierende Landtierarzt Dunlop den Luftreifen. Lange experimentiert der Veterinär mit großer Beharrlichkeit an der Verbesserung der Vollgummibereifung. Er probiert seine aus Gummiplatten zusammengeklebte „Pneumatics“ an dem Kinderrad seines Sohnes aus, und die Probefahrt verläuft erfolgreich.
Erstaunlich schnell wird die Erfindung des Luftreifens in marktfähige Produkte umgesetzt, und schon Anfang des 20. Jahrhunderts ist die technische Entwicklung der Bereifung weitgehend abgeschlossen. Die Produktionszahlen steigen und die Preise sinken.
Aufgrund der Preissenkungen ist das Fahrrad nun auch für finanziell schlechter gestellte Interessenten erschwinglich. Zudem reizt die neue Mobilität, so werden aus Fußgängern Radfahrer, die auch weiter entfernte Reiseziele ansteuern können.


Vor etwa hundert Jahren stellten freilaufende Hunde eine Gefahr für Radfahrer, die durch ein Dorf fuhren, dar. Um sich dagegen zu schützen gab es mehrere Hilfsmittel, wie z.B. die Peitsche, Hundepistole, Radfahrer- Petarden (Knallkörper) usw.





            Abb. 8: Glocke
Abb. 6: Radfahrer schützt sich vor den Hunden
                   Abb. 7: Radfahrerpeitschen















Abb. 9: Radfahrerraketen


Zur Jahrhundertwende ist das Fahrrad weitgehend ausgereift. Es ist eine Vielzahl von Fahrradfabriken entstanden, diese versuchen sich durch die Besonderheiten ihrer Produkte voneinander abzuheben. Für das Herrenrad setzt sich der Diamantrahmen, für das Damenrad der Schwanenhalsrahmen durch. Mit der Luftbereifung, der strapazierfähigen Emaillierung, Naben und kugelgelagertem Tretlager hat das Fahrrad sein Aussehen gefunden.

Weiterhin stellen die Fahrradfabriken viele Neuerungen vor. Ein breites Feld bietet der Antrieb: Vorderradantrieb, Trethebelantrieb, Handantrieb, Zahnradantrieb, Seilantrieb, beidseitige Kettenantriebe, Tretlagergetriebe, Kardanantrieb.
Abb. 10: Prinzip des Kardanantriebs
Abb. 11: Kardanantrieb









Abb. 12: Kreuzrahmen- Fahrrad mit Hand- und Fußantrieb

















Abb. 13: Zahnradantrieb











Abb. 14: Klappbares Fahrrad
Fahrräder werden in einzelnen Armeen auch als Militärräder eingesetzt. Zur Erhöhung der praktischen Funktion werden zusammenklappbare Armeeräder gebaut. Diese lassen sich mit wenigen Handgriffen zusammenlegen und wenn nötig, wie ein Rucksack schultern. Aber nicht nur für den Militäreinsatz, sondern auch für den Transport mit dem Auto eigneten sich Klappräder besonders gut.
Die Entwicklung der Fahrradbeleuchtung erreicht Mitte der 30er Jahre einen Höhepunkt. Es gibt Öllampen, Carbidlampen, Kerzenlampen, Dynamo- oder Batteriebetriebene Lampen usw.









Abb. 15: Acetylen- Gas- Laterne









Abb. 16: Kerzen- Laterne









Abb. 17: Öl- Laterne

In der Nachkriegszeit wird das Fahrrad zu einem wertvollen Besitz. Während der beiden Weltkriege werden die Gummirohstoffe für die Wehrmacht gebraucht, daher wird es für Privatpersonen mit zunehmender Dauer unmöglich Fahrradbereifung zu erwerben. Die Besitzer müssen auf abenteuerlich konstruierte Notbereifungen zurückgreifen.







Abb. 18: Fahrrad mit Notbereifung
Es gab unterschiedliche Systeme: Schraubenfedern, gestanzte Gummischeiben aus alten Autoreifen, die, ähnlich einer Perlenkette, auf einen Draht aufgefädelt waren, Kork als Schlauchersatz, Seile, Drahtgeflechte u. a. m.









Abb. 19: Transportrad
Nach dem zweiten Weltkrieg wird das Fahrrad für große Teile der Bevölkerung das einzig mögliche Verkehrsmittel. Mit dem Fahrrad konnte viel Last transportiert werden. Viele Berufsgruppen, wie z. B. Bäcker oder Briefträger nutzten so genannte Transporträder.


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